Rede zur Ratssitzung am 19.12.2005 Haushaltsplan 2006 / 2007
Mut zur Veränderung in Solidarität und sozialer Verantwortung (Klaus Jürgen Reese, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Rat der Stadt Wuppertal )
- Es gilt das gesprochene Wort -
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Ratskolleginnen und Ratskollegen,
die Rahmenbedingungen für die Finanzen unserer Stadt liegen mit dem Haushaltsplanentwurf 2006 / 2007 auf dem Tisch. Rund 142 Millionen Euro Gesamtfehlbetrag wird der Haushalt der Stadt Wuppertal voraussichtlich am Ende dieses Jahres zu verzeichnen haben. Für die beiden vor uns liegenden Haushaltsjahre gehen die Planungen von keiner grundsätzlichen Veränderung der Zahlen aus. Wahrscheinlich wird der Fehlbetrag die Grenze von 100 Millionen Euro überschreiten.
Sicherlich kann man in dieser Entwicklung eine Verbesserung der Finanzkrise sehen. Unredlich wäre es aber, die Finanzprognosen für die kommenden Jahre außer Acht zu lassen.
Die Finanzverwaltung rechnet mit einer Reduzierung des Fehlbetrages bis zum Jahr 2010 auf 113 Millionen Euro. Verbesserungen auf der Einnahmenseite und stringente Reduzierungen auf der Ausgabenseite sind die Ursache für diese Entwicklung.
Aber wir müssen angesichts dieser Zahlen erkennen, dass eine grundsätzliche Konsolidierung unserer Haushaltssituation in naher Zukunft nicht möglich sein wird. Und ich bin kein Prophet, wenn ich behaupte, dass die Belastungen, die der Bund und das Land an uns weiter reichen werden, nicht geringer werden.
Als Schlussfolgerungen aus diesen Tatsachen muss ich die Forderung nach einer Reform der Gemeindefinanzen erneut und mit Nachdruck auf die Tagesordnung bringen. Ich gehe noch einen Schritt weiter: Ich erwarte insbesondere von der Bundespolitik eine grundlegende Überarbeitung der öffentlichen Finanzen. Nicht nachvollziehbar und schon gar nicht vermittelbar ist, dass bei immer geringer werdenden öffentlichen Einnahmen die Ansprüche an die Leistungen ausgebaut werden oder auf dem heutigen Stand verbleiben sollen. Wir müssen endlich wieder erkennen, dass öffentliche Leistungen keine Selbstverständlichkeit und auch nicht zum Nulltarif zu haben sind. Das gilt uneingeschränkt auch für unsere Heimatstadt Wuppertal.
Anrede,
meine Forderungen entbinden uns nicht von weiteren Optimierungen. Der in Wuppertal eingeschlagene Weg der Konsolidierung der städtischen Finanzen und der ständigen Verbesserung des Verwaltungshandelns ist unumkehrbar. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Finanzverwaltung investieren einen Großteil ihrer Arbeitsleistung in das Ziel der Haushalts-konsolidierung. Dafür gilt ihnen unser Dank.
Lassen Sie mich an dieser Stelle aber auch den anderen Mitarbeiterinnen und den Mitarbeitern der Stadt Wuppertal herzlich und im Namen der gesamten SPD-Fraktion im Rat der Stadt Wuppertal für ihre geleistete Arbeit danken. Auch hier gilt, die erbrachten Leistungen sind nicht selbstverständlich. Hier arbeiten Menschen, die zum Teil bis an die Grenzen ihrer maximalen Belastbarkeit gehen. Dieses gilt übrigens nicht zuletzt auch für die Kollegen des ESW.
Anrede,
der eingeschlagene Weg der Konsolidierung ist unumkehrbar, hatte ich gesagt. Die drei hauptsächlichen Ursachen für die Strukturkrise hat der Stadtkämmerer anlässlich seiner Rede zur Einbringung des Haushaltes am 12.9.2005 klar und richtig umrissen:
1. Die massiven Veränderungen der wirtschaftlichen Struktur Wuppertals 2. Die Folgen des demografischen Wandels 3. Die tief greifenden Veränderungen der Bevölkerungs- und Sozialstruktur
Aber was heißt dieses für unser politisches Handeln?
Kommunalpolitik in Wuppertal muss wieder handlungsfähig werden. Unsere Stadt braucht eine Politik, die in ihren Aussagen verlässlich ist. Keine Politik zum Selbstzweck, sondern eine Politik, die sich an den Bedürfnissen der Wuppertalerinnen und Wuppertaler und an den Herausforderungen im Rahmen des Möglichen orientiert.
Die Handlungsfelder von Kommunalpolitik im 21. Jahrhundert sind nicht unbegrenzt. Wir können aber Rahmenbedingungen verändern und wir können - und das ist nicht unerheblich – weiter auf die eigene Kraft unserer Stadt setzen.
Strukturwandel ist in Wuppertal keine neue Vokabel. Wichtige Schritte darin hat Wuppertal bereits aus eigener Kraft vollzogen. Gemeinsam mit den vielfältigen Gruppierungen in unserer Stadt wollen wir im Rahmen des Möglichen Lösungsansätze für die Hauptaufgaben in den Bereichen Wirtschaft, Arbeitsmarkt und Strukturwandel, sowie Herausforderungen des demografischen Wandels erarbeiten.
Aus diesem Grund haben sich die Fraktionen von CDU und SPD dafür entschieden, im Rat der Stadt und seinen Gremien gemeinsam für die Erreichung dieser Ziele zu arbeiten.
Anrede,
wir sehen in dieser Kooperation ausdrücklich keinen Ausschluss der anderen demokratischen Kräfte. Nein, wir appellieren an die demokratischen Kräfte, sich an den Entscheidungsprozessen aktiv im Interesse Wuppertals weiter zu beteiligen. Wir stellen aber auch klar, dass Kommunalpolitik in Wuppertal Verlässlichkeit zeigen muss. Die Lösung der vor uns stehenden Aufgaben verlangt nach Verlässlichkeit. Dieses wird unter anderem ein Maßstab sein, an welchem wir die Initiativen Dritter messen werden.
Ich stelle die Frage: Was wollen denn die beiden großen Fraktionen gemeinsam bewegen? Die Antwort ergibt sich aus den vor uns liegenden Aufgaben.
Wir wollen erstens den Strukturwandel bewältigen – Wuppertals Wirtschaft stärken und neue Arbeitsplätze ermöglichen. Die sozialen Rahmenbedingungen in unserer Stadt sind abhängig vom wirtschaftlichen Handeln. Die Lebensqualität wird mit von diesen Rahmenbedingungen bestimmt. Eine gesicherte und hohe Lebensqualität ist ein bestimmendes Merkmal für die Standortfaktoren in Wuppertal.
Wir appellieren an alle maßgeblichen Kräfte, sich an der Bewältigung des Strukturwandels zu beteiligen und wir wissen, dass die Bereitschaft zur Beteiligung groß ist. Diese Potentiale wollen wir nutzen.
Wir wollen zweitens die Konsequenzen des demografischen Wandels aktiv gestalten. Der Stadtumbau muss mit familienfördernder und kinderfreundlicher sowie seniorengerechter und integrationsfördernder Politik abgestimmt werden. In einem ersten Schritt konnten wir jetzt die Finanzierung der OGGS sicherstellen. Der Ausbau von Betreuungsplätzen für Kinder unter drei Jahren wird kommen. Es gibt noch keine endgültigen Lösungsvorschläge für die Schrumpfungsprozesse der Großstädte. Hier müssen neue Wege beschritten werden. Wir erwarten auch von der Verwaltung, dass hier endlich neue Impulse in die Diskussion eingebracht werden. Gleichzeitig werden wir unsere Ideen und Vorschläge in den kommenden Diskussionsprozess einbringen.
Viel wird in diesen Tagen über Bildungspolitik diskutiert. Die kommunalpolitischen Handlungsspielräume sind hier beschränkt. Wir wollen aber drittens im Rahmen des Möglichen das lebenslange Lernen im vorschulischen, schulischen und außerschulischen Bereich stärken. Wir halten an dem Grundsatz fest - dass Bildung unabhängig von den materiellen Rahmenbedingungen – für alle Menschen möglich sein muss. In Wuppertal schlummern hier noch ungenutzte Potentiale. Die Integration der Universität, der Betrieb und Unternehmen in unsere kommunale Bildungspolitik soll ausgebaut werden.
Anrede,
wir wollen die bestehenden Strukturen und Leistungen des sozialen Wuppertals erhalten. Zum System der sozialen Partnerschaft mit den Trägern der freien Wohlfahrtspflege gibt es keine Alternative. Gleichwohl wollen wir in der Diskussion mit den Partnern die vorhandenen Mittel wirtschaftlicher einsetzen. Der Terminus technicus „Aktivierende Sozialpolitik“ muss weiter mit Inhalt ausgefüllt werden. Wir haben dazu auch auf kommunaler Ebene die Möglichkeiten. Wer von der Gemeinschaft zu Recht Solidarität einfordert, muss auch gegenüber der Gemeinschaft solidarisch sein. Soziale Transfers dürfen die Menschen in ihrer Lebensperspektive nicht in Sackgassen führen. Unterstützende – aktivierende – Maßnahmen der Beschäftigungsförderung haben für uns Priorität.
Trotz der Rückschläge in der regionalen Zusammenarbeit halten wir an ihr fest. Die bergischen Großstädte müssen sich in ihrer Region neu definieren. Gerade mit Blick auf die Remscheider Ratskolleginnen und Ratskollegen sage ich, dass unsere Region den Wettbewerb mit den anderen Regionen der Republik nur dann erfolgreich bestehen kann, wenn wir uns endlich ohne politische Winkelzüge zur regionalen Zusammenarbeit bekennen. Die bergische Region würde sich ein Armutszeugnis ausstellen, wenn sie nicht im vor uns stehenden Jahr der Regionale 2006 die Chance einer Zusammenarbeit erkennt.
Der Endausbau der Schwebebahn ist sichergestellt. Nach den notwendigen Planfeststellungsverfahren wird der Ausbau endlich fortgesetzt werden können. Damit ist endlich insbesondere für die Vohwinklerinnen und Vohwinkler eine Lösung der unhaltbaren Situation in Sicht.
Wir halten an der Realisierung der vom Rat beschlossenen Projekte der Regionale fest. Wir wollen die Neugestaltung des Döppersberg. Die Kooperationspartner aus SPD und CDU nehmen nicht immer die gleiche Bewertung der Landespolitik vor. Aber wir bekennen uns ausdrücklich zu diesem Projekt. Die städtischen Mittel sind bereit gestellt. Jetzt müssen die Zusagen aus Düsseldorf Bestand haben.
Anrede,
wir haben einen umfangreichen Katalog von Einzelmaßnahmen aufgestellt, der nicht aus der Luft gegriffen ist. Dieser Katalog ergibt sich aus den vor uns stehenden Aufgaben. Wir bitten alle Wuppertalerinnen und Wuppertaler um Unterstützung. Diese Kooperation ist keine Liebesheirat. SPD und CDU sind ein Zweckbündnis im Interesse unserer Stadt eingegangen. Wir wollen gemeinsam die vor uns stehenden Aufgaben angehen, denn es geht um unser Wuppertal und das ist nicht wenig!
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Erschienen am: 20.12.2005
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