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Weltgrößtes Neutrino-Teleskop fertig: Wuppertaler Physiker maßgeblich beteiligt

Nach knapp sechs Jahren Bauzeit und einem Jahrzehnt Vorbereitung ist das Neutrino-Teleskop „IceCube“ am Südpol fertig geworden.

Weltgrößtes Neutrino-Teleskop fertig: Wuppertaler Physiker maßgeblich beteiligt

Größter Teilchendetektor der Welt besteht aus einem Kubikkilometer Südpol-Eis!

Hält sich regelmäßig am Südpol auf: Der Wuppertaler Experimentalphysiker Prof. Dr. Klaus Helbing. Hält sich regelmäßig am Südpol auf: Der Wuppertaler Experimentalphysiker Prof. Dr. Klaus Helbing.

Nach knapp sechs Jahren Bauzeit und einem Jahrzehnt Vorbereitung ist das Neutrino-Teleskop „IceCube“ am Südpol fertig geworden. Der größte Teilchendetektor der Welt besteht aus einem Kubikkilometer Eis, das mit äußerst empfindlichen Lichtsensoren durchsetzt ist. Das Gigatonnen schwere Instrument fängt die Spuren von Neutrinos aus dem Weltall auf, um durch diese Himmelsboten Informationen über weit entfernte Galaxien zu erhalten. Wuppertaler Physiker um Prof. Dr. Klaus Helbing und Prof. Dr. Karl-Heinz Kampert waren maßgeblich am Aufbau dieses Teleskops im tiefen Eis beteiligt. Das Besondere an IceCube, das Wissenschaftsgeschichte schreibt: Statt wie üblich mit Licht, wird das Weltall mit Neutrinos beobachtet. Da Neutrinos nur sehr selten mit der bekannten Materie in Wechselwirkung treten, sind für den Nachweis gigantische Detektoren erforderlich. IceCube ist daher im drei Kilometer dicken Eis am geographischen Südpol bei der Amundsen-Scott-Station installiert. Die Wissenschaftler wollen neue Erkenntnisse über besonders energiereiche kosmische Objekte gewinnen. Aber auch fundamentale Fragestellungen des Mikrokosmos wie die Entdeckung von Elementarteilchen als Überreste des Urknalls stehen im Blickpunkt.

IceCube besteht aus 86 Kabeltrossen, an denen in Tiefen zwischen 1,45 und 2,45 km jeweils 60 Glaskugeln angebracht sind. Die Kugeln umschließen hochempfindliche Lichtsensoren, die das schwache bläuliche Leuchten auffangen, das bei Neutrinoreaktionen entsteht. Ein Viertel der über 5000 optischen Sensoren wurde durch deutsche Forschungsgruppen beigesteuert. Der deutsche Beitrag von etwa 18 Mio. Euro wurde vom Bundesforschungsministeriums, der Helmholtz-Gemeinschaft, der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und über die beteiligten Universitäten finanziert.

Seit Jahren reisen Wuppertaler Physiker regelmäßig zur Amundsen-Scott Südpolstation, um vor Ort wichtige Entwicklungs- und Aufbaubeiträge zu leisten. Prof. Helbing, Leiter der Wuppertaler IceCube-Gruppe, ist für den weiteren Ausbau des IceCube-Observatoriums verantwortlich. So sollen akustische Nachweismethoden für hochenergetische Neutrinos den Messbereich des IceCube Experiments entscheidend erweitern. Diese Methoden werden zurzeit im Wuppertaler Labor entwickelt und sollen später das Volumen von IceCube noch um das 1000-fache vergrößern! Dann kann eine Terratonne antarktischen Eises zur Neutrino-Astronomie genutzt werden sowie zur Suche nach der rätselhaften Dunklen Materie, die das Universum füllt, aber bisher nicht identifiziert werden konnte.

Dr. Timo Karg, Mitarbeiter in der Wuppertaler Astroteilchenphysik: „IceCube hat seine volle Empfindlichkeit erreicht, und wir hoffen auf die baldige Entdeckung extraterrestrischer Quellen hochenergetischer Neutrinos. Schon die bisherigen Ergebnisse können sich sehen lassen. Wir haben fast hunderttausend Neutrinos registriert, die in der Erdatmosphäre erzeugt wurden, darunter solche mit Energien bis zu 400 Tera-Elektronenvolt. Damit haben Sie etwa hundert mal mehr Energie als Teilchen am Large Hadron Collider (LHC) in Genf, dem weltweit stärksten Teilchenbeschleuniger.“ Die Arbeiten der Wuppertaler Astroteilchenphysiker wurden in den letzten sieben Jahren vom Bundesforschungsministerium mit ca. 6 Millionen Euro gefördert.

Prof. Helbing erläutert: Neutrinos sind geisterhafte Elementarteilchen, die 1930 vorhergesagt, jedoch erst 1956 nachgewiesen wurden. Milliarden davon prasseln pro Sekunde auf jeden Quadratzentimeter Erdoberfläche. Die meisten durchdringen die Erde, ohne mit einem einzigen Atom zu kollidieren. Weil sie kaum mit anderer Materie in Wechselwirkung treten, sind Neutrinos zwar schwer nachzuweisen, können aber genau deshalb auch viel leichter als Licht aus kompakten kosmischen Regionen wie etwa dem Inneren der Sonne oder der Umgebung von Schwarzen Löchern entweichen und setzen dann ihren Flug durchs Universum ungestört fort. Das macht sie zu einzigartigen kosmischen Boten. Bisher nachgewiesene Neutrinos von einer 1987 registrierten Supernovaexplosion und von der Sonne bestätigten Theorien über Supernovae und über Fusionsreaktionen im Sonneninnern.“ Dafür wurde 2002 der Physiknobelpreis verliehen.

IceCube sucht nach Neutrinos aus Quellen, die viel weiter entfernt sind als die Sonne, Tausende bis Milliarden von Lichtjahren. Zu den Forschungsobjekten zählen schwarze Löcher, die im Zentrum von Galaxien sitzen und Materie wie in einem Mahlstrom in sich hineinziehen, sowie die rätselhafte Dunkle Materie.

Der Südpol ist durch sein kristallklares Tiefen-Eis und durch die exzellente Infrastruktur, die die Amundsen-Scott-Station bietet, der idealer Ort für das Projekt. Ausrüstungen und Personen werden von McMurdo, der amerikanischen Station am Rande der Antarktis, mit kufenbestückten Transportflugzeugen eingeflogen. Die Installationsarbeiten werden im antarktischen Sommer zwischen November und Februar durchgeführt, wenn die Sonne 24 Stunden am Tag scheint und die Temperaturen auf erträgliche minus 30°C steigen. Die Löcher, in die die Kugeln herabgelassen werden, werden mit 80°C heißem Wasser ins Eis geschmolzen. Wenn eine Trosse mit optischen Sensoren herabgelassen ist, friert das Loch innerhalb weniger Tage wieder zu. Die von allen Sensoren gemessenen Signale werden zur Zentralstation an der Oberfläche übertragen, dort aufbereitet und via Satellit an die Forschungsinstitute auf der Nordhalbkugel gesendet.

Das IceCube-Team besteht aus 260 Wissenschaftlern aus 36 Forschungsinstitutionen in acht Ländern. Das Projekt wird von der US-amerikanischen National Science Foundation (NSF) geführt, die auch den größten Teil der Baukosten von 279 Mio. US-Dollar trägt.


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