Baustopp im Engelnberg-Tunnel

BUND: Stadt nimmt Tod von Fledermäusen billigend in Kauf! Die Kreisgruppe Wuppertal im Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) begrüßt ausdrücklich den von der Bezirksregierung Düsseldorf angeordneten Baustopp im Engelnberg-Tunnel.

Jörg Liesendahl, Vorsitzender der BUND-Kreisgruppe, geht davon aus, dass die Baumaßnahmen im Tunnel bis zum Ende der Winterschlaf-Periode der Fledermäuse im April 2010 ausgesetzt werden müssen, wenn die Bezirksregierung ihre Prüfung der rechtswidrigen Vorgänge im Rathaus und im Tunnel abgeschlossen habe.

„Die BUND-Kreisgruppe Wuppertal legt Wert auf die Feststellung, dass damit nicht die Arbeiten auf dem gesamten Förderbereich II der Nordbahntrasse eingestellt worden sind! Dafür ist wie bei anderen Baufirmen der lange und harte Winter verantwortlich!“

Mit einer drastischen Darstellung beschreibt der Biologe die aktuelle Situation der überwinternden Fledermäuse im Engelnberg-Tunnel an der Nordbahntrasse: „Stellen Sie sich vor, Sie sind eine Zwergfledermaus im Winterschlaf. Plötzlich werden Sie jeden Tag von Baulärm geweckt, dem Sie ausweichen wollen, aber Sie finden nirgendwo einen ruhigen Unterschlupf, weil überall dieser Lärm und diese Vibrationen sind. Bei weniger als 5 g Körpergewicht magern Sie ganz schnell ab. Neue Nahrung gibt es nicht, weil Insekten im Winter nicht fliegen. Als Fledermaus wären Sie innerhalb kürzester Zeit tot!“

Der Tunnel sollte für die am 5. Juni 2010 geplante Eröffnung des ersten Teilstücks der Nordbahntrasse jetzt, mitten in der Winterschlafperiode der Fledermäuse, für Bauarbeiten genutzt werden. „Das widerspricht allen Gutachten zum Artenschutz, die für die Nordbahntrasse erstellt wurden“ berichtet Jörg Liesendahl: „Und es widerspricht den Angaben von Stadt und Wuppertalbewegung, den Artenschutz beim Ausbau der Trasse berücksichtigen zu wollen!“

Die BUND-Kreisgruppe Wuppertal, der BUND-Landesverband NRW und zahlreiche für den Fledermausschutz engagierte Personen forderten deshalb in der vergangenen Woche von der Stadt den sofortigen Baustopp im Engelnberg-Tunnel, zumal der angebliche Zeitdruck bis zur geplanten Eröffnung hausgemacht sei und deshalb nicht als Argument für den Tod von Fledermäusen herhalten dürfe. „Die Stadt nimmt den Tod von Fledermäusen billigend in Kauf!“, fasst Jörg Liesendahl die Situation zusammen.

Der BUND berichtet von einer ersten Umsiedlungsaktion Anfang Januar, bei der ein Beauftragter der Wuppertalbewegung 6 Zwergfledermäuse im Engelnberg-Tunnel einsammelte und in einem anderen Tunnel an der Nordbahntrasse in einen sicheren Bereich umsetzte. Diese Umsiedlung, so Jörg Liesendahl, sei wegen der von Stadt zu Unrecht erteilten Ausnahmegenehmigung illegal gewesen, wofür der Sachverständige aber nicht verantwortlich zu machen sei. Dieser habe vielmehr bei einer zweiten Kontrolle im Engelnberg-Tunnel am Freitag vergangener Woche weitere Fledermäuse festgestellt, die so tief in Fugen versteckt waren, dass sie von dort nicht ohne Verletzung hätten entnommen werden können, woraufhin der Beauftragte der Wuppertalbewegung diese Tiere korrekterweise vor Ort beließ und damit faktisch einen Baustopp begründete.

Besonders eingeschossen hat sich der BUND auf die Stadt Wuppertal. Um überhaupt im Tunnel arbeiten zu dürfen, der als Winterquartier von Fledermäusen bekannt und damit ein geschützter Lebensraum ist, benötigt die gemeinsam von der Wuppertalbewegung und der Stadt getragene Nordbahntrassen GmbH eine Ausnahmegenehmigung nach § 43 des Bundesnaturschutzgesetzes. Trotz der Forderung der Fledermausgutachter, im Winterhalbjahr keine Baumaßnahmen in den Tunneln durchzuführen, und unter Missachtung der elementarsten Kenntnisse über die Biologie der Fledermäuse habe die Stadt diese Ausnahmegenehmigung erteilt, so der BUND. Dabei habe sie bestehendes Recht gebrochen, die höchstrichterliche Rechtsprechung absichtlich falsch interpretiert und Argumente aus rechtswidrigen Aussagen des Antragstellers Nordbahntrassen GmbH abgeleitet, die den berechtigten Interessen des Artenschutzes völlig absurd hergeleitet ein „übergeordnetes öffentliches Interesse“ als „Totschlagargument“ entgegenstellt.

So werde mit der rechtlich nicht zulässigen Arbeit von Ein-Euro-Jobbern im normalen Aufgabensegment von Firmen des 1. Arbeitsmarktes, die sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse unterhalten, und der daraus resultierenden Einsparung von rund 24000,- Euro ein schwerwiegender Verstoß gegen das Artenschutzrecht begründet.

Die nahe liegende Lösung, mit den Baumaßnahmen bis zum Ende der Winterschlafperiode etwa Mitte April zu warten, sieht das städtische Rechtsamt nicht als zumutbare Alternative, da sonst jede Möglichkeit einer Ausnahmegenehmigung von vornherein ausgeschlossen sei. Diese Behauptung ist nach Auffassung des BUND „völlig schwachsinnig“, da der Gesetzgeber mit den hohen Anforderungen an die Zulässigkeit einer Ausnahmegenehmigung ja gerade deutlich mache, dass diese nur im äußersten Notfall erteilt werden dürfen. „Ein solcher Notfall liegt hier aber nicht vor!“

“Da die Stadt Wuppertal trotz wiederholter Aufforderung keinen offiziellen Baustopp verhängt hat und bisher nicht bereit ist, die fehlerhaft begründete Ausnahmegenehmigung zurückzunehmen, hat die BUND-Kreisgruppe Wuppertal fachliche Hinweise an die Bezirksregierung Düsseldorf weitergeleitet, damit diese die Stadt zur Vernunft bringt!“ erläutert der BUND-Vorsitzende die aktuellen Aktivitäten der Wuppertaler Kreisgruppe.

Jörg Liesendahl hofft, dass die Stadt und die Wuppertalbewegung und alle an der Nordbahntrasse arbeitenden Organisationen ein Einsehen haben und von sich aus, wie noch in der Entwurfsplanung vom November 2009 dargestellt, die „vereinbarten Ruhezeiten für den Schutz der Fledermäuse selbstverständlich“ einhalten.

Andernfalls werde man keine Mühen scheuen, um das rechtswidrige Verhalten der Stadt Wuppertal weit über die Kreise der Fledermausschützer hinaus im gesamten Bundesgebiet öffentlich zu machen.

Anzeigen: