Sommerbrief 2009
Liebe Wuppertalerinnen, liebe Wuppertaler, die Sommerferien stehen kurz vor der Tür und die Kommunalwahlperiode 2004 bis 2009 endet in einigen Wochen. Zeit, einen Ausblick auf die kommende Arbeit zu machen und Zeit, Bilanz zu ziehen.
Durch unverantwortliches Handeln an den internationalen Finanzmärkten befinden wir uns in einer weltweiten Wirtschaftskrise. Die Folgen und Maßnahmen zur Bewältigung der Krise werden landauf und landab diskutiert. Große Besorgnis bereiten mir die mit der Krise verbundenen steigenden Arbeitslosen- und Kurzarbeiterzahlen. Denn hinter diesen Zahlen verbergen sich die Betroffenen mit ihren Familien als persönliche Schicksale. Selbstverständlich müssen die Zahlen analysiert werden. Zuallererst müssen wir aber die Menschen sehen, die hinter diesen Zahlen stehen. Mir ist wohl bewußt: Der Einfluss der Kommunalpolitik ist hier eingeschränkt. Aber die Gestaltungsspielräume, die wir auf kommunaler Ebene haben, werde ich mit meinen sozialdemokratischen Kolleginnen und Kollegen im Rat nutzen, um mit Nachdruck zur Bewältigung der Krise beizutragen. Durch die Folgen der Wirtschaftskrise hat sich die prekäre Finanzsituation Wuppertals nochmals verschärft. Die Prognosen der Finanzverwaltung gehen davon aus, dass die Stadt Wuppertal am Ende diesen Jahres ein Defizit von 217 Mio. Euro ausweisen muss. Mit diesem Defizit wird dann die Gesamtverschuldung Wuppertals auf die dramatische Summe von 1,8 Mrd. Euro anwachsen. Aus eigener Kraft können wir in Wuppertal die Finanzkrise nicht bewältigen. Denn dieses Problem hat Wuppertal nicht zu verantworten. Selbst wenn als utopische Sparmaßnahmen in Wuppertal alle Schwimmbäder, alle Bibliotheken, alle Museen, die gesamte Kulturförderung, die gesamte Sportförderung und nicht zuletzt die gesamte sogenannte freiwillige Förderung aller sozialen Arbeit und Projekte gestrichen würde, bliebe immer noch eine Defizit von 140 Mio. Euro. Jeder weiß, dass dieses Szenario die Großstadt Wuppertal in Frage stellen würde. Eine echte und solidarische Verbesserung der Gemeindefinanzen ist für den Erhalt der verfassungsrechtlich festgeschriebenen kommunalen Selbstverwaltung unverzichtbar. Eine auskömmliche Finanzausstattung aller Kommunen in der Bundesrepublik muss garantiert werden. Diese Reform kann nur von den Bundesländern mit Unterstützung des Bundes umgesetzt werden. Wir fordern sie ein, denn sie ist dringend notwendig. Denn es kann nicht sein, dass junge Wuppertaler Familien für die Betreuung ihrer Kinder zum Teil mehrere hundert Euro im Monat aufbringen müssen und dreißig Kilometer von hier entfernt, in der Landeshauptstadt Düsseldorf, werden die Kindergärten gebührenfrei. Die Wuppertaler Finanzverwaltung ist durch die Bezirksregierung aufgefordert worden, dass sie weitere Sparmaßnahmen dem Rat zur Beratung vorschlägt. Im Herbst soll das sog. Haushaltssicherungskonzept vorliegen. Wir hören an verschiedener Stelle, dass diese Sparmaßnahmen noch vor der Kommunalwahl auf breiter Basis beraten werden sollten. Dazu sagen wir Wuppertaler Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten: Welchen Sinn soll diese Diskussion ohne eine Reform der Gemeindefinanzen ergeben? Wie können wir über Einsparvorschläge von 10, 20, 30 oder sogar 40 Mio. Euro diskutieren und am Ende steht immer noch ein Defizit von 180 Mio. Euro? Jegliche Einsparvorschläge laufen ins Leere, wenn das strukturelle Defizit nicht aufgelöst wird. Natürlich wird auch Wuppertal einen Beitrag zur Konsolidierung der Finanzen bringen müssen. Diesen Beitrag werden wir nur dann mittragen, wenn damit eine Zukunftsperspektive eröffnet werden kann. Wir lassen unsere Stadt mit ihren lebens- und liebenswerten Einrichtungen nicht kaputt sparen. Natürlich muss mit den Menschen in den Sportvereinen, Institutionen und Einrichtungen über die Finanzsituation diskutiert werden. Dieser Diskussion verweigern wir uns nicht, vielmehr stehen wir ihr offen gegenüber. Aber über weitere Einsparvorschläge diskutieren wir erst dann, wenn diese mit dazu beitragen, dass unsere Stadt aus der Vergeblichkeitsfalle befreit wird. Unter dem Motto „Wuppertal wehrt sich“ ist ein breites Bündnis entstanden, das die Frage der städtischen Finanzen unabhängig von Parteigrenzen thematisiert. Wir unterstützen dieses Bündnis mit Nachdruck. Denn die Frage der Gemeindefinanzen ist zu existenziell, um sie für den kurzfristigen angeblichen parteipolitischen Erfolg missbrauchen zu können. Diese Frage geht alle Wuppertalerinnen und Wuppertaler an. Trotz aller Schwierigkeiten engagieren sich meine Fraktionskolleginnen und Fraktionskollegen gerne für die Wuppertalerinnen und Wuppertaler im Rat. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten stellen uns der Verantwortung - auch in schwierigen Zeiten. Mit dem Konjunkturpaket II erhält Wuppertal 42,5 Mio. Euro für kurzfristige Investitionen. Wir haben uns ganz bewusst dafür entschieden, dass dieses Geld fast ausschließlich in den Bereich der Bildung fließt. „In Bildung investieren“ ist für uns keine Sprechblase. Wir wollen die bestmöglichen Bildungschancen für alle. Deshalb sind diese Investitionen in die Schulen und weiteren Bildungseinrichtungen der richtige Weg. Unsere Stadt hat in der nun auslaufenden Ratsperiode wichtige Impulse erfahren. Auf Lichtscheid konnten dringend benötigte Gewerbeflächen bereitgestellt werden und sind in kürzester Zeit vermarktet worden. In Vohwinkel werden bald ehemalige Bahnflächen dem Markt zur Verfügung stehen. Die Regionale 2006 hat zur Aufwertung unseres Stadtbildes erheblich beigetragen. Die Junioruni ist ein wichtiges und bundesweit beachtetes Bildungsprojekt. Mit ihrem neuen Partner konnten und werden die Wuppertaler Stadtwerke als kundenorientierter Dienstleister neue Wege beschreiten. Für Geschwisterkinder gibt es jetzt in Wuppertal eine Gebührenbefreiung, egal ob sie im Kindergarten sind oder im offenen Ganztag. Die Plätze an den Wuppertaler Gesamtschulen wurden um drei Züge erweitert. Mit dem Grundsatzbeschluss zum Bau der sechsten Gesamtschule bekennt sich der Rat zu diesem Schultyp. Gleichzeitig unterstützt er mit Nachdruck die hervorragende Arbeit an den anderen weiterführenden Schulen. Viele wichtige Bauvorhaben konnten realisiert werden. Die Wuppertalbewegung ist nur ein Beispiel für das unverzichtbare bürgerschaftliche Engagement in unserer Stadt. Diese Beispiele zeigen: Trotz der schwierigen Situation lohnt sich Engagement. Mit freundlichen Grüßen Klaus Jürgen Reese Fraktionsvorsitzender
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