Wupperverband erweitert sein Hochwasserschutzkonzept
Weichen stellen für mögliche Auswirkungen des Klimawandels
Der Wupperverband wird in 2008 sein bereits bestehendes Hochwasserschutzkonzept erweitern. Ein Entwurf für dieses Konzept wird derzeit erstellt. In den Sitzungen der Gremien ab März wird der Verband das Konzept mit seinen Mitgliedern diskutieren. Das erweiterte Konzept soll im Laufe des Jahres von den Gremien verabschiedet werden. Verbandsratsvorsitzender Claus-Jürgen Kaminski, Vorstand Bernd Wille und stellvertretender Vorstand Georg Wulf erläuterten das Thema beim Jahresauftakt-Pressegespräch des Wupperverbandes in Wuppertal.
Die „Regelung des Wasserabflusses einschließlich Ausgleich der Wasserführung und Sicherung des Hochwasserabflusses“ ist im Wupperverbandsgesetz als Aufgabe des Verbandes beschrieben. Der Hochwasserschutz im Wuppergebiet stützt sich auf mehrere Säulen: · Festlegung des Bemessungshochwassers (für die Wupper z. B. 210 m³/s in Wuppertal) · Talsperren für den Hochwasserschutz an Wupper und Dhünn · Hochwasserrückhaltebecken gegen Hochwassergefahr an Nebengewässern · Objektschutz als individueller Hochwasserschutz an einzelnen gefährdeten Objekten · kontinuierliche Kontrolle an Rechen und Verrohrungen zur Beseitigung von Abflusshindernissen, damit der problemlose Wasserabfluss sichergestellt ist · Meldesystem im Hochwasserfall.
Auf dieser Grundlage baut der Wupperverband weitere Maßnahmen und Konzepte auf. Auch wenn heute noch nicht exakt vorhersehbar ist, welche Auswirkungen der Klimawandel konkret im Wuppergebiet haben wird, ist Hochwasserschutz ein zentrales Thema. Dies wurde z. B. im August 2007 deutlich, als lokale Starkregen Überflutungen am Morsbach und Eschbach verursachten. An der Messstelle Hermannsmühle in Remscheid regnete es in einer Stunde und 10 Minuten rund 62 Liter. Statistisch gibt es solche Mengen seltener als alle 100 Jahre. Der Wupperverband hat das Thema Hochwasserschutz bereits seit einigen Jahren in den Fokus gerückt und will mit der Vorlage des erweiterten Hochwasserschutzkonzeptes mit seinen Mitgliedern in die Diskussion treten, um die Weichen für die Zukunft zu stellen. Neben der Bezahlbarkeit und des Kosten-Nutzen-Verhältnisses von Maßnahmen ist für den Wupperverband auch die Berücksichtigung der städtebaulichen Entwicklung in den Kommunen sowie die Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie von Bedeutung. Schwerpunkt des erweiterten Konzeptes ist die Bündelung und Priorisierung von Maßnahmen. Bei einem Gewässernetz von 2.300 Kilometern Länge im Wuppergebiet ist festzulegen, wo Brennpunkte sind, die Hochwasserschutzmaßnahmen erfordern. Ziel des Hochwasserkonzeptes müssen aufeinander abgestimmte Maßnahmen an den betroffenen Bächen sein. Wichtig ist, dass das jeweilige Gewässer als Ganzes – von der Quelle bis zur Mündung – betrachtet wird.
Am Anfang eines Schutzkonzeptes steht die Analyse vergangener Hochwässer zur Klärung der Fragen „Wo sind Schwachpunkte im Gewässer und weshalb geht von dieser Stelle bei Hochwasser eine Gefahr aus (z. B. Brücken, Durchlässe)?“ und „Wie oft kann es in diesem Bereich zu gefährlichen Situationen kommen und wie groß ist die Gefahr?“ Auf diese Analyse bauen die Priorisierung der Gewässer und weiteren Schritte auf: Berechnungen von Wassermengen und Abflüssen, Ermittlung des bestehenden Schutzgrades sowie des Gefährdungspotenzials, Festlegung eines Schutzniveaus (welcher Schutzgrad ist angesichts der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts und der Schadenshöhe sinnvoll?) und schließlich Umsetzung von Maßnahmen zur Erreichung des festgelegten Schutzniveaus. Hier ist insbesondere die Einbeziehung von betroffenen Anliegern notwendig, da im Wasserhaushaltsgesetz die Mitwirkungspflicht des Einzelnen verankert ist, im Rahmen des Zumutbaren geeignete Vorsorgemaßnahmen zum Schutz vor Hochwassergefahren und zur Schadensminderung zu treffen.
Eine Reihe von Maßnahmen, die der Wupperverband bereits in den vergangenen Jahren begonnen hat, bildet eine wichtige Grundlage für das erweiterte Hochwasserschutzkonzept: Für einige Gewässer wurden Niederschlags-Abflussmodelle erstellt, z. B. für Eschbach, Morsbach, Eifgenbach, Murbach und Katterbach. Weitere Modelle sind in Arbeit bzw. in Planung. In diese Modelle fließen u.a. die vorhandenen Niederschlags- und Pegelinformationen ein, außerdem können Szenarien wie extreme Regenereignisse simuliert werden. Das radargestützte Regenmeldesystem (Inbetriebnahme Ende 2006) informiert die Einsatzleitung des Betriebs Gewässer , wenn an zuvor identifizierten Gefahrenpunkten Niederschläge in hoher Intensität zu erwarten sind. Nachdem sich das System für den Wupperverband bewährt hat, hat er im Dezember 2007 seine Mitgliedskommunen und die Stadtwerke angeschrieben, um ihnen den Service der Meldung per SMS für eigene relevante Bereiche anzubieten. Um am Hochwasserschutz beteiligte Institutionen frühzeitig über steigende Wasserstände zu informieren, will der Wupperverband die Bereitstellung von Informationen weiter verbessern. Schon heute erhält z. B. die Stadt Wuppertal eine Hochwasserwarnung für die Wupper und die Feuerwehr Solingen eine Warnung für den Eschbach in Unterburg. Mit dem so genannten Sensorweb erarbeitet der Wupperverband derzeit eine neue Technik, um u. a. im Fall von Hochwässern innerhalb von kurzer Zeit bedarfsgerecht Informationen bereitstellen zu können. Der Verband plant, im 2. Halbjahr 2008 die vorhandenen Daten von Niederschlagsmessstellen und Pegeln sowie aktuelle Bilder von kritischen Verkehrssicherungspunkten mittels steuerbarer Web-Kameras mit Hilfe der Sensorweb-Technik in sein FlussGebietsGeoinformationssystem (FluGGS) zu integrieren. Durch das Sensorweb und die Bereitstellung von Daten im FluGGS können die vorhandenen Informationen vernetzt und über Institutionsgrenzen hinweg bereitgestellt werden. Zukünftig können die Informationen auch auf Bedürfnisse Einzelner zugeschnitten werden. Firmen, Institutionen, Anlieger und letztlich auch jeder interessierte „Bürger“ kann sich über ein Warnsystem bei der Überschreitung von selbst definierten Grenzwerten informieren lassen.
Beitragsstabilität sichern
Rückläufige Einwohnerzahlen, geänderte Produktionsprozesse und Firmenschließungen haben Auswirkungen auf die Beitragsentwicklung des Wupperverbandes. Das bedeutet, die beim Wupperverband anfallenden Kosten werden durch weniger Beitragszahler finanziert. Hier sieht der Wupperverband für sich die Herausforderung, seine Leistungen ständig zu verbessern, Kosten zu senken und Überschüsse zu erzielen, um Beitragssteigerungen für das einzelne Mitglied zu vermeiden. Dass dies gelingt, zeigt beispielsweise die Beitragssenkung von 0,7 Prozent im größten Geschäftsbereich Kläranlagen / Entsorgung für das Jahr 2008. Dies war die zweite Beitragssenkung in diesem Geschäftsbereich in Folge. In den Geschäftsbereichen Talsperren / Stauanlagen und Gewässerunterhaltung konnten die Beiträge für 2008 konstant gehalten werden. Im Geschäftsjahr 2006 hatte der Verband im Bereich Kläranlagen / Entsorgung einen Überschuss von 3,5 Mio. Euro erwirtschaftet, der Ende des Jahres 2007 an die Mitglieder zurückgezahlt wurde, die Beiträge für diesen Geschäftsbereich entrichtet hatten.
Projekte in 2008
Im Rahmen des umfangreichen Ausbaus des Klärwerks Radevormwald wurde im Dezember 2007 das dritte Nachklärbecken fertig gestellt. Nun erfolgen Restarbeiten, wie z. B. Straßen- und Landschaftsbau. Die Baumaßnahme wird im Frühjahr 2008 abgeschlossen. Das Klärwerk wurde erweitert, um den gestiegenen EU-rechtlichen Anforderungen an die Reinigungsleistung und der Stadtentwicklung Rechnung zu tragen. Der Kostenansatz von 25,6 Mio. Euro wird eingehalten. Um auf technische Entwicklungen, geänderte Zulaufbedingungen und auch Kostensteigerungen bei Energie und Verbrauchsmitteln zu reagieren, hat der Wupperverband das Maßnahmenprogramm „Kläranlagen Fit 2010“ entwickelt. Mit einem Minimum an baulichem Aufwand soll die Abwasserreinigung verbessert werden, z. B. durch ein optimiertes Zusammenspiel von technischer Ausrüstung und moderner Mess- und Regelungstechnik. In 2008 sind im Rahmen von „Fit 2010“ Projekte in den Klärwerken Hückeswagen und Radevormwald (Schlammentwässerung) geplant. Die bereits begonnenen Sanierungsmaßnahmen an der Belebungsstufe des Klärwerks Dhünn sowie der mechanischen Reinigungsstufe des Gemeinschaftsklärwerks Leverkusen werden in der 1. Jahreshälfte 2008 abgeschlossen. Bereits seit einigen Jahren beteiligt sich der Wupperverband mit seinen Klärwerken an Benchmarking-Projekten, um durch den Vergleich mit den Anlagen anderer Betreiber die eigene Leistung einzuordnen und Verbesserungspotenziale zu erkennen. Nach den Klärwerken Hückeswagen, Burg, Schwelm, Marienheide, Wermelskirchen und Odenthal nimmt nun das Klärwerk Buchenhofen als größtes Wupperverbands-Klärwerk an einem Benchmarking-Projekt teil. Das Projekt begann im August 2007. Im Sommer 2008 soll der Schlussbericht vorgelegt werden. Nach Auswertung der ersten Daten zeichnet sich im Projektverlauf ab, dass das Klärwerk Buchenhofen gute Ergebnisse erzielt und kostengünstig arbeitet.
Für das Projekt „Sanierung der Wehranlagen am Stausee Beyenburg“ überarbeitet der Wupperverband zurzeit die Planung. Voraussichtlich Ende März soll die Planung der Bezirksregierung zur Genehmigung eingereicht werden. Wenn die Genehmigung vorliegt, werden die Baumaßnahmen erneut ausgeschrieben. Für die Sanierung der Panzer-Talsperre hat der Wupperverband ein Ingenieurbüro mit der Planung beauftragt. Im zweiten Halbjahr 2008 soll die Planung zur Genehmigung eingereicht werden. An der Lingese-Talsperre und an der Brucher-Talsperre in Marienheide werden Mitte 2008 Wasserkraftanlagen installiert. Die Anlagen sollen im Sommer in Betrieb gehen und pro Jahr zusammen ca. 250.000 Kilowattstunden Strom erzeugen (Jahresverbrauch von knapp 60 Vier-Personen-Haushalten).
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Erschienen am: 06.02.2008
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