Leserbrief: Jugendgewalt Erziehungscamps in NRW
Die Amerikaner haben es vorgemacht – und wir machen es nach:
Mal wieder schaut Deutschland über den großen Teich, um zu sehen, wie es die Nachbarn machen.
Erziehungscamps in NRW ist das diesjährige anfängliche Diskussionsthema in Politik und Medien. Die Methode der Nachbarn scheint einfach und vielversprechend: Erziehungscamps, im Amerikanischen „Bootcamps“ genannt, statt Vollzug. Bootcamps werden nach den disziplinarischen Grundregeln der US-Militäreinheit der Marines geleitet. Die Philosophie dieser Camps ähnelt der der Marines: Willen brechen, um ihn später wieder aufzubauen. Dazu gehören seelische Grausamkeiten, Erniedrigungen und Sport, welche die Insassen täglich bis zu ihren Grenzen belasten.
Bevor wir uns den amerikanischen Drill aneignen, sollten wir uns für unsere Kinder darüber im Klaren sein: Gewalt erzeugt Gegengewalt, und nicht zuletzt fängt Gewalt schon in kleinster und geringer Form an, dessen wir uns oft gar nicht bewusst sind. Selbst das Maßregeln eines Kindes durch Anschreien ist schon eine Form von Gewalt. Lösungsansätze aus der Umgebung zu suchen ist nicht falsch, dennoch sollte hier unterschieden werden, dass Eltern zur Lösung von innerfamiliären Gewaltproblemen oder schulischen Gewaltproblemen doch nicht geholfen sein kann, indem man den Kindern wieder in Form von Gewalt durch militärischen Drill entgegentritt. Im Gegenteil: Eltern, die viel Geld für solche Camps zahlen, sollten hier vielleicht den Lösungsansatz eher im eigenen häuslichen Umfeld suchen, bevor man den vermeindlichen Problemfaktor zu einem vermeindlich gutem Erziehungscamp abschiebt. Ebenfalls ist hier unsere Politik gefragt, einen Blick hinter die eigene Kulisse zu wagen, Denn wie so vieles, ist auch bei Diese Problematik der Jugendkriminalität- und Gewalt hausgemacht und systemgeprägt. Diese jungen Menschen brauchen Perspektiven für die Zukunft und keine Erziehungscamps. Bevor wir unsere Nachbarn kopieren und glauben, nun das Non-Plus-Ultra für das Problem der überfüllten Jugend-JVAs und dessen Finanzierung gefunden zu haben, sollte die Politik die Ursachen bekämpfen und nicht die Menschen!
Nicht zuletzt spricht auch die Statistik der Amerikaner ihre eigene Sprache, Denn die Rückfallquoten der sog. Camp-Insassen ist oftmals höher als bei eingesessenen rehabilitierten Jugendlichen.
Elternverband - Bergisches - Land Paul Bludau Vereinsvorsitzender Scottweg 17 42329 Wuppertal
Erschienen am: 15.01.2008
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