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Eckhard Freise, Loriot und das verborgene Mittelalter

Die Elberfelder CityKirche war schon eine halbe Stunde vor Beginn der Veranstaltung bis auf den letzten Platz besetzt,

 

Fotos Maren Wagner

...als im Rahmen von UniTal, der gemeinsamen Vortragsreihe von WZ, Uni-Freundegesellschaft und Uni Mitte Oktober der Mediävist Prof. Dr. Eckhard Freise angekündigt war. Sein auf den ersten Blick rätselhaftes Thema: "Sagen Sie jetzt nichts! Loriot und das verborgene Mittelalter". Auf vielfachen Wunsch wiederholte Prof. Freise seinen Vortragsauftritt jetzt auf dem Campus Grifflenberg im großen Hörsaal 14.

"Der Historiker Prof. Freise zeigt erstaunliche Parallelen zwischen Loriots Gags und dem Mittelalter auf – und das in Hochgeschwindigkeit", bilanzierte die Westdeutsche Zeitung nach seinem Auftritt in der CityKirche: "Freise lief zur Höchstform auf, ließ seinem Sprachwitz freien Lauf, formulierte Sätze ohne Punkt und Komma. Und nahm das Publikum mit einer Anspielung nach der anderen mit auf Zeitsprünge zwischen Heute, Gestern, Moderne und Mittelalter."

Eckhard Freise, vor fünf Jahren schlagartig berühmt geworden durch seine Million (D-Mark!) bei Günter Jauch und seither gefragter Spezialist für höchst unterhaltsam vorgetragene Wissenschaft, trat auch am Mittwoch – wie im Oktober in der CityKirche – in einschlägigem Ornat auf und spießte damit eine der vielen Anspielungen auf Loriots Lottogewinn-Sketch "Und dann eröffne ich mit dem Papst eine Herrenboutique in Wuppertal!" auf.

Freise im Hörsaal 14 als Papst Sixtus V., das durfte man sich wohl kaum entgehen lassen. Man lerne vor allem eines, so Mareike Müller in der Westdeutschen Zeitung: Für den Sprachwitz einer mittelalterlichen Scherzrede sei viel Wissen nötig. Und: Das Mittelalter sei nicht wirklich dunkler oder heller als die Gegenwart.

Also war das große Auditorium im Hörsaal 14 einigermaßen gespannt, als Prof. Dr. Eckhard Freise nach einer charmanten Anmoderation durch seinen Historikerkollegen Prof. Dr. Gerrit Walther sine tempore ans Rednerpult trat, wie angekündigt im Ornat des Gegenreformators Sixtus V. (1590-1595). Auf der großen Leinwand erschien die erste Zeichnung von Loriot, und die akademische Scherzrede begann.

…Was hat Mittelalter zu tun mit jenem durch und durch vom Geiste der Aufklärung getränkten, nunmehr reifer gewordenen Ketzerkind, das sich – unter dem wunderlichen Namen eines durchdringend flötenden Vogel Bülow (Oriolus oriolus), auf französisch "Loriot" – in Wort und Bild, in wortlosen Bildern und bildlosen Worten an den mannigfachen Erscheinungen der Welt (auch an den Freiheiten, die Wir nicht meinen), bisweilen sogar an Unserem Bodenpersonal abgearbeitet hat.

Der Mensch Loriot ist Ihrer aller universitärer Confrater, ein Doctor philosophiae honoris causa bald nach dem Millennium geworden. Gleichwohl befindet Loriot: "Ich liebe Umgangsformen und Umgangsregeln, weil es die einzige Möglichkeit ist, gefahrlos miteinander umzugehen". Jeder mittelalterliche Geistliche, Schöffe, Unterhändler, Handwerker - von den Frauen schweige ich beredt, sie verdienen sogleich ein eigenes Kapitel -, ein jeder hätte ihm jetzt begeistert zugestimmt. Tatsächlich verraten viele Illustrationen des Mittelalters (in Buch und Stein, auf Wänden und Textilien) gültige Konventionen, Verabredungen, Gewohnheitsrecht in allgemein verständlicher, also beredt verschlüsselter Form. Sie wirken wie Piktogramme der jeweiligen Gegenwart, man könnte auch sagen: Cartoons. Mittelalterliche Bildprogramme sind ebenfalls inszeniert, in einer reduzierten ikonographischen Sprache und Grammatik, die dennoch die wesentlichen Aussagen und die in ihnen angesprochenen Personen lebendig werden lässt – ganz wie bei Loriot.

Und hier jetzt die akademische Scherzrede von Prof. Freise im vollen Original. (; 37,3 MB)

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