Leserbrief
zum Artikel "Ganz Wuppertal plant am neuen Knast mit"
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich bitte höflich um Veröffentlichung des folgenden Leserbriefes.
Von Anfang an haben das Land NRW und die Stadt Wuppertal keinen Zweifel daran gelassen, dass der Bau der drei Großprojekte auf Scharpenacken beschlossene Sache sei. Es war die Rede von großen Vorteilen für Wuppertal und dem einzig möglichen Standort. Kein Wort davon, dass die Änderung des Regionalplanes auf der Ebene der Bezirksregierung eine zwingende Voraussetzung ist, damit überhaupt gebaut werden kann. Kein Wort darüber, dass die bisherige Umweltprüfung dem Langwaffenschießstand einen besonders hohen Schutzwert beimisst.
Keine stichhaltige Begründung, warum neben der JVA auch noch die Polizei, die Justizvollzugsschule und mittlerweile wohl auch noch eine Finanzschule zwingend auf einem Fleck mitten ins Grüne gebaut werden müssen. Stattdessen suggeriert der aktuelle Bericht eine Kompromissbereitschaft, die tatsächlich im Wesentlichen gar nicht vorhanden ist. Noch ist der Regionalplan nicht geändert, noch ist die Umweltprüfung nicht abgeschlossen, noch gibt es keinen Bauleitplan und dennoch werden schon europaweit Architekten geworben. Wieso eigentlich europaweit? Wurden nicht vor einigen Monaten die Vorteile für Wuppertal gepriesen? Wuppertaler Architekten - so sieht man bereits jetzt - profitieren jedenfalls nicht von dem Projekt.
Ein frustrierter Politiker einer der wenigen Parteien, die noch engagiert am Wohl der Gesellschaft arbeiten, sagte mir: "Wenn das Land da bauen will, dann wird da gebaut; selbst, wenn dort der letzte Mohikaner leben würde." Und tatsächlich: Bisher gab die Mehrzahl der Entscheidungsträge dem Druck von oben widerspruchslos nach. Obwohl es eine Reihe sinnvoller Alternativen gäbe, bei denen sowohl die gewünschten Synergien für die Projekte zum Tragen kämen, als auch ein Schutz der heimischen Natur.
Doch solche Lösungen werden übersehen, vom Tisch gefegt oder durch politische Winkelzüge unmöglich gemacht. Nicht etwa, weil man dem Wohl und Wehe der Bürger in NRW, den jugendlichen Strafgefangenen oder der Entwicklung eines Wuppertaler Stadtteiles verpflichtet ist, sondern ausschließlich deshalb, weil nur diese Lösung den großen Profit durch den Verkauf der ehemaligen Liegenschaften verspricht. Letztlich geht es immer ums Geld. Naturschutz erscheint mehr und mehr als eine romantisch verklärte Sehnsucht machtloser Bürger, denn als notwendige Verpflichtung der Regierenden in einer Zeit des Klimawandels und Artensterbens. ...
Wenn ich aus der Mitwirkung in der Bürgerinitiative eines gelernt habe, dann ist das das Misstrauen in die herrschende Koalition, die es zulässt, dass die "Demokratur des Geldes" die echte Demokratie immer mehr unterwandert.
Mit freundlichen Grüßen
Frank Baldus Scheidstr. 108 42369 Wuppertal
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