WSW weihen neue GuD-Anlage ein
Die neue Gas- und Dampfturbinenanlage im Heizkraftwerk Barmen hat ihren Betrieb aufgenommen.
Vor wenigen Tagen wurde die neue Gas- und Dampfturbinen(GuD)-Anlage des Heizkraftwerks Barmen im Beisein von NRW-Umweltminister Eckhard Uhlenberg vom WSW-Aufsichtsratsvorsitzenden, Oberbürgermeister Peter Jung, und dem Vorstandsvorsitzenden der WSW, Hermann Janning, feierlich eingeweiht. Durch die Modernisierung der Energieproduktion in Barmen wird nicht nur die Anlagentechnik auf den neuesten Stand gebracht, sondern es werden auch positive Effekte für die Umwelt erzielt.
Rund zwei Jahre haben die WSW daran gearbeitet, ihre Barmer Energiefabrik mit neuer Technologie auszustatten. Etwa 57 Millionen Euro wurden investiert. Der Austausch einer kompletten Strom- und Wärmeproduktionseinheit - bestehend aus Turbinen, Kesseln und Leittechnik - war nicht einfach, galt es doch, die neuen Anlagenteile in das bestehende Gebäude einzupassen. Bevor die neuen Maschinen angeliefert wurden, mussten erst zwei alte Kohlekessel und eine Dampfturbine abgebaut und verschrottet werden. Auch das alte Aschelager, das noch aus den Zeiten der Kohlefeuerung stammte, fiel der Modernisierung zum Opfer. Es wurde am 16. Februar 2004 in einer spektakulären nächtlichen Aktion gesprengt. Stattdessen wurde das Kraftwerksgebäude an seiner westlichen Seite erweitert. In dem neuen Gebäudeteil wurden unter anderem die mächtigen Abhitzekessel untergebracht. Aufgrund der beengten räumlichen Verhältnisse im und um das Kraftwerk herum, war oft Präzisionsarbeit erforderlich, um die neuen Anlagenteile an den richtigen Platz zu bugsieren. Für Technikfreaks gab es während der Bauzeit am Clef einiges zu sehen. So musste etwa ein im Frühjahr 2004 angelieferter Hilfsdampferzeuger mittels eines Krans durch das Gebäudedach gehievt werden. Über mehrere Wochen hatte für weitere Montagen ein 800 Tonnen-Kran hinter dem Kraftwerk in dem kleinen Sträßchen "Bollwerk" Stellung bezogen. Die zahlreichen Schwertransporte der großen Maschinenteile, die meisten nachts und in den frühen Morgenstunden abgewickelt wurden, sind für die Montagemannschaft während der Umbauarbeiten fast zur Routine geworden. Genauso anspruchsvoll wie diese Kraftakte war aber die Feinarbeit im Gebäudeinneren. Die neuen Turbinen und Kessel mussten bei laufendem Betrieb noch vorhandener Anlagen in die bestehenden Strukturen eingebaut werden.
Herzstücke der neuen Anlage sind zwei 28 Megawatt-Gasturbinen. Sie stammen von dem japanischen Hersteller Hitachi und wurden vor ihrem Einbau von einer Remscheider Spezialfirma gemäß den deutschen technischen Bestimmungen komplettiert. Auch die großen Abhitzekessel haben einen weiten Transportweg hinter sich: sie wurden in Kanada produziert. Verantwortlich für den Einbau der Anlage ist die MAN Ferrostaal Power Industry GmbH (vormals DSD Industrieanlagen), die als Generalunternehmen mit der Ausführung der Arbeiten betraut war.
Anfang November war die neue Gas- und Dampf-Turbinenanlage im Heizkraftwerk Barmen nach intensiven Tests bereit für den vertraglich vereinbarten Probebetrieb. Dieser wurde in der Nacht von Donnerstag auf Freitag, 11. November, gegen Mitternacht aufgenommen. Der vierwöchige Testlauf ist die letzte Etappe der Kraftwerks-Modernisierung, bevor die neue Anlage endgültig den regulären Betrieb aufnimmt.
Im Heizkraftwerk Barmen produzieren die WSW Strom und Fernwärme in umweltfreundlicher Kraft-Wärme-Kopplung. Mit rund 320 Gigawattstunden wird die neue Anlage einen wesentlichen Beitrag zur Eigenproduktion an elektrischer Energie der WSW leisten. Insgesamt werden in den beiden Heizkraftwerken der WSW in Barmen und Elberfeld jährlich etwa 800 Gigawattstunden Strom und rund 600 Gigawattstunden Fernwärme erzeugt.
Besonderes Gewicht hatte bei der Investitionsentscheidung zugunsten der Kraftwerksmodernisierung, die der WSW-Aufsichtsrat am 24. Juni 2003 fällte, der Umweltschutz. Durch die neue Anlage wird der Kohlendioxid-Ausstoß des Kraftwerks um jährlich 200.000 Tonnen reduziert. Darüber hinaus begründete das höchste Gremium der WSW seinen Beschluss mit der Fortführung der Fernwärmeproduktion in Wuppertal, der Erhaltung von Wertschöpfung und Beschäftigung im Unternehmen, der Wahrung der Unabhängigkeit in der Strom- und Fernwärmeerzeugung sowie der Risikoabsicherung gegen unerwartete Preissteigerungen am Handelsmarkt.
Das Heizkraftwerk Barmen mit seiner ungewöhnlichen Lage in der Nähe der Barmer City hat seinen Ursprung in der Elektrizitätszentrale der Barmer Bergbahn. Das 1893 von der Bahngesellschaft errichtete E-Werk ging 1903 in städtischen Besitz über. Als der Strombedarf durch die ständig steigende Zahl der Stromanschlüsse in Industrie und Privathaushalten stieg, entschloss man sich zum Bau eines neuen Kraftwerks am Clef, da die Kapazitäten der alten Elektrizitätszentrale nicht mehr ausreichten. Die aus vier Kohlekesseln und zwei Dampfmaschinen sowie einem Drehstromgenerator bestehende Anlage kam auf eine Maximalleistung von 8500 Kilowatt. 1925 wurde aus dem Barmer Kraftwerk ein Heizkraftwerk, als man damit begann, den Abdampf der Turbinen durch Einbau einer Entnahme-Kondensationsturbine als Wärmeträger zu nutzen - der Beginn der Energieproduktion in Kraft-Wärme-Kopplung in Wuppertal. Bei einem großen Umbau von 1928 bis 1930 erhielt das Kraftwerk einen 135 Meter hohen gemauerten Schornstein - damals der höchste in Westdeutschland. Zu einer spektakulären Betriebsstörung kam es an Silvester 1939, als eine Turbine auseinander flog und Teile bis zur Barmer Ruhmeshalle, dem heutigen Haus der Jugend, geschleudert wurden und dort die Glaskuppel beschädigten. Wie durch ein Wunder wurde niemand verletzt. Noch größer waren allerdings die Schäden nach dem Bombenangriff auf Barmen in der Nacht von 29. auf den 30. Januar 1943. Zwei Wochen lang lag die Strom- und Wärmeproduktion lahm. Nach dem Krieg kam es erst Mitte der 1950er Jahren mit dem Einbau eines neuen Hochdruck-Schmelzkessels wieder zu größeren Investitionen in den Energieproduktionsstandort Barmen. Seitdem 1969 im Heizkraftwerk Elberfeld mit der Erdgasfeuerung begonnen wurde, wird auch in Barmen dieser Energieträger seit 1971 eingesetzt. 1978 wurde im Rahmen der letzten großen Modernisierung eine GuD-Anlage, bestehend aus zwei Hochtemperatur-Gasturbinen von je 34 Megawatt Leistung, installiert. Die nun zum Abschluss gekommene Kraftwerks-Erneuerung wird - so hoffen die Beteiligten - ähnlich lange Bestand haben.
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