Supermikroskop am LHC sieht erste Daten!
Wuppertals Beitrag zum ATLAS-Experiment am CERN
In der Mitte sind die drei Lagen des Pixel Detektors zu sehen (aussen andere Teile von ATLAS). Die Punkte zeigen elektronische Signale, die entstehen, wenn ein Teilchen durchfliegt. Die bunten Linien sind aus diesen Signalen rekonstruierte Teilchenspuren.
Aufregende Momente für den Wuppertaler Physik-Doktoranden Thorsten Voss, der am Europäischen Kernforschungszentrum CERN in Genf gerade seine Nachtsicht im Kontrollraum des ATLAS Experiments beenden wollte, als am Sonntagmorgen (6. Dezember) um 7.10 Uhr die Operateure des Large Hadron Colliders (LHC) „stabilen Strahl“ verkündeten und bald darauf der Pixeldetektor angeschaltet wurde. Nach zehnjähriger (!) Vorbereitung sah der Detektor zum allerersten Mal Teilchen, die am LHC produziert wurden.
„Der Detektor funktioniert hervorragend – wie wir es erhofft haben“, sagte Dr. Tobias Flick, einer der Projektleiter der Wuppertaler Arbeiten. Der Pixeldetektor ist der innerste Teil des riesigen ATLAS-Experiments, mit dem am CERN die innerste Struktur der Materie und die ersten Momente des Universums untersucht werden sollen. Die Bergische Universität hat zu Forschung und Entwicklung, Bau und den Betrieb des Pixeldetektors wesentliche Beiträge geleistet. Einer, für den die Wuppertaler alleinverantwortlich sind und der insbesondere jetzt von großer Bedeutung ist, ist das Kontrollsystem des Pixeldetektor, mit dem ununterbrochen 50.000 Informationen daraufhin überprüft werden, ob alle Teile funktionieren. Dieses System hat Tobias Voss mitentwickelt. „Das Kontrollsystem zeigt an, dass es wirklich keine Probleme gibt“, sagt er mit Blick auf den grünen Bildschirm.
Screenshot des Detektor-Kontrollsystems, für das Wuppertal sowohl elektronische Komponenten als auch Software geliefert hat. Es gibt schematisch den Aufbau des Pixeldetektors wieder. Grün zeigt, dass alles in Ordnung ist.Klick auf den Screenshot: Größere Version
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Zugleich begannen andere Wuppertaler Physiker am CERN, erste Messungen auszuwerten. Ziel von ATLAS ist, bald auch erste physikalische Untersuchungen mit den Daten öffentlich zu machen. Auch dazu trägt die Bergische Universität wesentlich bei. Prof. Dr. Peter Mättig, Leiter der Wuppertaler Gruppe: „Es ist noch ein langer Weg zu den erwarteten neuen Entdeckungen des LHC. Aber die vergangenen Stunden haben bereits gezeigt, dass wir mit unserem Experiment physikalisches Neuland betreten.“
Seit mehr als zehn Jahren werden – gefördert mit inzwischen insgesamt 10 Mio. Euro – an der Bergischen Universität wichtige Teile des ATLAS-Experiments entwickelt und gebaut. Vor zwei Jahren waren sie ans CERN nach Genf gebracht und in den LHC eingebaut worden. Das Supermikroskop erlaubt es, Verhältnisse herzustellen, die einen winzigen Bruchteil einer Sekunde nach dem Urknall herrschten, und die fundamentalen Teilchen und Kräfte zu untersuchen, die in einem Bereich von 1/1000stel eines Wasserstoffkerns herrschen.
Die Wissenschaftler der Bergischen Universität konzentrieren sich dabei am LHC, der nach fast einjähriger Unterbrechung seit kurzem wieder „hochgefahren“ wird, auf das schwerste aller Elementarteilchen, das Top Quark. Prof. Mättig: „Das Top Quark hat keine Ausdehnung, es ist ein Punkt, gegen den Atome Riesen sind, aber so schwer wie ein Goldatom. Wieso ein solch strukturloses Teilchen so schwer sein kann, ist das große Rätsel, das am LHC gelöst werden muss. Die berühmte Einsteinsche Formel E = mc², die das Gewicht des Goldatoms erklärt, ist hier nicht anwendbar. Es muss also etwas völlig Neues existieren.“
Prof. Mättig ist seit letzten Sommer auch Sprecher des BMBF-Forschungsschwerpunktes „101 ATLAS“, in dem alle an ATLAS beteiligten deutschen Institute zusammenarbeiten: 13 Universitäten, das Max‐ Planck Institut für Physik, München, und das Deutsche Elektronen-Synchroton (DESY) in Hamburg.